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Porträt eines Mannes Bild1

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Porträt eines Mannes
Fragmentierter Kopf
Inv.-Nr. Sk 31

Späthadrianisch-frühantoninisch, um 130–150 n. Chr.

Weißgrauer, mittelkristalliner Marmor.

H 22,5 cm



Zugang: Erworben 1750 durch Rat Arckenholtz für Landgraf Wilhelm VIII. auf der Auktion in Den Haag, Slg. Wassenaer-Obdam


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Erhaltungszustand/Restaurierung: Unterer Teil des Gesichtes einschließlich Mundpartie sowie Nase fehlen, frühere Ergänzungen abgenommen. Mehrere Risse; r. Augen- und Wangenpartie bestoßen. Im 2. Weltkrieg durch Brandeinwirkung stark beschädigt, große Partien der Oberfläche abgeplatzt, bröselig verwittert, braun verfärbt. Restaurierung 1985: neuzeitliche Ergänzungen abgenommen, gereinigt, gefestigt.

Beschreibung: Der nur schlecht erhaltene Kopf zeigt einen Mann mit länglichem breitem Gesicht. Es wird vom Haar- und Bartansatz klar begrenzt. Die hohe trapezoide Stirn wölbt sich über den Brauenbögen vor. Sie verschatten zu beiden Seiten der Nasenwurzel die Augenhöhlen. Die beinahe waagerechten Brauen weisen eingeritzte Härchen auf. Feine, wulstartige, etwas vorspringende Lider fassen die schmalen länglichen Augen ein. Die Tränenkanäle sind angegeben, die Pupillen nur schwach eingetieft.

Der Backenbart besteht aus kurzen, flach ausgeführten Locken. Auf älteren Photoaufnahmen sind noch Reste eines Oberlippenbartes zu erkennen. Das voluminöse Haupthaar bildet eine dichte kappenartige Masse aus wellenförmig geschwungenen Locken mit eingerollten Spitzen. Das Haar bauscht sich über den Schläfen und vor den teilweise freibleibenden Ohren. Über der Stirn fallen sechs Locken in einem leichten Bogen herab. Am Hinterkopf ist das Haar flacher ausgearbeitet und liegt enger am Kopf an. Die breiten Locken sind mit dem Meißel in einzelne Strähnen gegliedert. Soweit erkennbar, hat der Bildhauer auf den Einsatz des Bohrers verzichtet.

Der traurige Erhaltungszustand erschwert eine Einordnung des Kopfes. In einigen Merkmalen ähnelt er den Bildnissen des Aelius Verus, der 136 n. Chr. von Kaiser Hadrian adoptiert wurde, aber bereits 138 n. Chr. noch vor seinem Adoptivvater starb (Bieber 1915). Vergleichbar sind die Form und die Begrenzung des Gesichtes, die dichte kappenartige Haarmasse sowie die Bildung der Brauen. In der Gestaltung der Stirnlocken zeigen sich jedoch Abweichungen. Es lässt sich auch nicht mehr feststellen, ob der Kasseler Kopf den für Aelius Verus charakteristischen Bartschnitt aufwies (Hannestad 1974; Fittschen – Zanker 1985, Nr. 58).

Längere wellige Locken und ein ähnlicher Bartansatz begegnen zwar an einigen Porträts des Hadrian (Johansen 1995, Nr. 41), eine vergleichbare Gestaltung des Haars findet sich aber auch unter den Bildnissen des jungen Marc Aurel im Typus II (Johansen 1995, Nr. 79). Unser Kopf ähnelt in seiner Haarbehandlung und seiner Gesichtsform außerdem sehr stark einem Privatporträt in Florenz, das bislang in hadrianische Zeit datiert wird (Mansuelli 1961). Aufgrund der eingetieften Pupillen kann der Kasseler Kopf nicht vor 130 n. Chr. entstanden sein.

Wahrscheinlich handelt es sich um ein privates Bildnis, das sich an den Prinzenporträts der späthadrianisch-frühantoninischen Zeit orientiert. Es ist wohl in den Jahren zwischen 130 und 150 n. Chr. entstanden. Die Verwendung des Bohrers ist in antoninischer Zeit bei der Ausführung der Frisur zwar üblich, aber nicht zwingend. Sein Einsatz ist möglicherweise auch eine Kostenfrage gewesen (Fittschen – Zanker 1985, Nr. 66).

Der Kopf war zum Zeitpunkt seiner Erwerbung von der Mundspalte abwärts neuzeitlich ergänzt und saß auf einer Gewandbüste (Bieber 1915). Die Bruchfläche des antiken Fragmentes ist vor der Verbindung mit dem neuzeitlichen Teil begradigt worden. Die ergänzten Bartlocken hingen unter dem Kinn etwas länger herab. Der neuzeitliche Bildhauer orientierte sich bei der Vervollständigung des Kopfes eventuell an damals bereits bekannten antoninischen Bildnissen (Boosen 1985/91).

Publiziert:
Wassenaer Auktion 1750, Nr. 300; Bieber 1915, Nr. 55.


Literatur: Boosen 1985/91, Nr. 46. – Zu Aelius Verus: N. Hannestad, AnalRom 7, 1974, 67 ff.; Fittschen – Zanker 1985, 62 f. Nr. 58 Taf. 66; Kersauson 1996, Nr. 60. 61. – Vgl.: Mansuelli 1961, Nr. 94; Fittschen – Zanker 1985, Nr. 66; Johansen 1995a, Nr. 41. 79.

(NZE)

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