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Ephebe Typ Ölausgießer Petworth Bild1

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Ephebe Typ Ölausgießer Petworth
Statuentorso, ca. 2/3 lebensgroß
Inv.-Nr. Sk 9

Römische Wiederholung, um 150 n. Chr. des traianischen Figurentypus in Anlehnung an griechische Vorbilder (›Polykletschule‹) des 5.–4. Jh. v. Chr.

Weißer, feinkristalliner Marmor, Rostflecken auf r. Schulter

H des Torsos 80,5 cm
Distanz Brustwarzen 16,5 cm
Distanz r. Brustwarze bis Penisansatz ca. 29 cm
l. Brustwarze bis Penisansatz ca. 28 cm



Zugang: Erworben 1777 durch Landgraf Friedrich II. in Rom


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Erhaltungszustand/Restaurierung: Unergänzt, geringe Bestoßungen. Verloren: Kopf mit Hals bis auf Ansatz, r. Arm, Finger der l. Hand, r. Unterschenkel, l. Bein ab Oberschenkelmitte, Penis. Brüche: Nacken und r. Schulterblatt durch Hals- und Armdübel abgesprengt, r. Oberschenkel. Eintiefung in Glutäus und l. Oberschenkel für Statuenstütze hinten am Standbein. Vor 1777 Oberfläche geputzt, Schnitte und Abarbeitungen für Ergänzungen und Montage mit Kopf Kat. 1.13. Restaurierung 1912/13: (Bieber 1915). Torso im 2. Weltkrieg beschädigt. Vorläufige Sicherungsmaßnahmen durch Restaurator Haarberg 1953. Restaurierung 1973/75: Brüche und Anstückungen gelöst, Stützeisen, Eisendübel und zähen braunen Kleber entfernt; gereinigt, zusammengesetzt, Dübellöcher mit Gips geschlossen; mit Standdübel gesockelt.

Beschreibung: Statuen sich salbender und reinigender Sportler sind vor allem nach griechischen Vorbildern aus dem 4. Jh. v. Chr. überliefert. Unser Torso gibt in der Körperbildung und – wie allgemein gedeutet – in der Tätigkeit einen Epheben wieder, der sich aus einem Gefäß in der erhobenen Rechten Salböl in seine linke Hand gießt, die er flach und leicht gekrümmt mittig vor sich an den Bauch hält. Er bereitet sich auf das Training in dem Gymnasion bzw. der Palästra oder auf einen Wettkampf anlässlich der vielen kultischen Agone vor, indem er sich wie die Sportler aller Altersstufen zuvor mit Öl einreibt. Bei schwach zurückgebogenem Oberkörper beugt er den Kopf etwas vor und wendet sich dem Ausgießen des Öls auf der leicht zum Körper gekippten und unterhalb des Nabels anliegenden Hand zu. Der Oberkörper ist kaum merklich zur linken Seite gesenkt. Das Becken mit hochgezogenen Leistenlinien folgt in seinem Schrägstand der Stellung des linken Standbeins und dem entlasteten Spielbein mit etwas vorstehendem Oberschenkel und zurückgesetztem Unterschenkel. Auch die relativ eng zusammenstehenden Oberschenkel weisen auf einen nicht allzu weit ausgreifenden Schrittstand hin.

Der Torso ist eine verkleinerte Version der Statue Ölausgießender Ephebe Petworth (zuletzt Berger 1992). Er weicht von der Statue nicht nur durch knabenhafteres Format, sondern auch durch die unbehaarte Pubes, die schwächer ausgeprägte Leistenlinie und den tiefer gehaltenen linken Unterarm mit Hand unterhalb des Nabels ab. Inwieweit diese geringen ikonographischen Veränderungen zu einer Figurenvariante (Porträt eines Knaben?) oder lediglich zur miniaturisierten Wiederholung des Epheben Petworth gehören, ist dem Statuettentorso nicht mehr abzulesen. Die knappe vereinfachende Modellierung der Muskulatur und des Knochenbaus auf der Vorderseite und das durch Hebungen und Senkungen belebte Inkarnat der Rückseite mit additiv aufgesetzter Muskelangabe sind in Verbindung mit linear gezogenen Bohrrillen Hinweise auf eine antoninische Arbeit (Bartman 1992).

Das Vorbild Ölausgießender Ephebe Petworth wird in traianische Zeit datiert und gilt aufgrund seines Motivs, Körpertypus, seiner Haltung und Proportionen und seiner Haarwiedergabe als römische Neubildung in Anlehnung an griechische Figuren des 5. und 4. Jhs. v. Chr. (Zanker 1974, Berger 1992). Das Handlungsmotiv des Ölausgießenden Athleten überliefern die Figurentypen Dresden-Florenz und München des 4. Jhs. v. Chr., deren typologische Eigenständigkeit oder Abhängigkeit voneinander noch kontrovers diskutiert wird (zuletzt Protzmann 2000, Geominy 2000). Übereinstimmung besteht in der Forschung darin, dass ihre inhaltlich neuen Formulierungen in der statuarischen Tradition polykletischer Figuren stehen und dem Diadoumenos (s. Kat. 1.9 und 1.10) sowie besonders dem Epheben Westmacott (s. Kat. 1.12) verpflichtet sind. Der Ephebe Petworth und dieser Torso verknüpfen das neue Handlungsmotiv des 4. Jhs. v. Chr. mit noch stärkeren Angleichungen in Verjüngung, Körperform und Bewegung, in Kopfhaltung und Frisur sowie in der Beinstellung und in dem abgeschwächtem Schrittstand polykletischer Ephebenstatuen Westmacott und Dresden des 5. Jhs. v. Chr. In dieser polykletisierenden Rückstilisierung wird ein weiteres Indiz für die eklektische römische Kunst mit ihren artifiziellen Umbildungen und zitatenreichen Neuschöpfungen vor allem während der mittleren Kaiserzeit gesehen (Zanker 1974). Daher muss es nicht verwundern, dass unser Torso aus der Mitte des 2. Jh. n. Chr. als verkleinerte Version von der Statue Petworth – aus uns nicht mehr erkennbaren Gründen – abweicht.

Publiziert:
Bieber 1915, Nr. 10 Taf. 16; Arnold 1969, 273 Nr. 4; AK Basel 1992, 42 Kap. 9-C Abb. 240 (E. Berger). – Im Museum Fridericianum 1777–1912: Tiedemann 1780, 8 ff. Ringer sich salbend. – Im Musée Napoléon 1807–1815: Savoy 2003b, 37 f. Nr. 50 a Torso. b Kopf, Athlet sich salbend, Abb. Zustand seit 1974; Martinez 2004, 38 Nr. 0031 Abb.


Literatur: Zum Typus Ölausgießer Petworth: Zanker 1974, 39 Nr. 39 Taf. 41; AK Frankfurt 1990, 246 f. Abb. 102 (A. Linfert); AK Basel 1992, 42 Kap. 9-B Abb. 246 (E. Berger). – Zum Typus Ölausgießer Dresden-Florenz und München: J. Dörig, AntPl 4 (1965) 37 ff. Abb. 1–2 Typ Dresden-Florenz; Arnold 1969, 272 f. Typ Dresden-Florenz u. München; G. Horster, Statuen auf Gemmen (1970) 66 Typ Dresden-Florenz und München; Zanker 1974, 40 Anm. 298; Vierneisel-Schlörb 1979, Nr. 29 Abb. S. 309–314 Typ München; AK Frankfurt 1990, 619-620 Kat. 146 Typ Dresden-Florenz (H. Protzmann); AK Basel 1992, 42 Kap. 9-A Abb. 42–48. 240. 241–246 (E. Berger) Typ München; AK Dresden 2000, Nr. 2 Typ Dresden-Florenz (H. Protzmann); J. Bauer – W. Geominy (Hrsg.), Gips nicht mehr. AK Bonn (2000), Nr. 54 Typ Dresden-Florenz Abb. (W. Geominy). – Zu antoninischen Kopien: Bartman 1992, 132 Nr. 10 Abb. 63–64.

(PG)

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