Thronende Fortuna Sitzstatuette Inv.-Nr. Sk 22
2. Jh. n. Chr. (?)
Cremeweißer, mittelkristalliner Marmor mit gelblicher Patina
H 29 cm H ohne Ergänzungen 25,5 cm Basis B 15,5 cm T 15 cm
Zugang: Alter Bestand, wahrscheinlich im 18. Jh. erworben |
Erhaltungszustand/Restaurierung: Ergänzt: Kopf mit Hals, Großteil des r. Unterarms mit Hand und angrenzendem Kniebereich, l. Hand mit unterem Ende des Füllhorns und Knie, oberes Ende des Füllhorns mit Teil der Schulter, Füße mit Gewandsaum, Rückenlehne des Throns, r. hintere Ecke und vorderer Teil der Basis außerhalb des Throns, unterer Teil des r. hinteren Thronbeins. An Unterkante der RS größerer Ausbruch. Einige Gewandfalten zwischen den Unterschenkeln mit Gips ausgebessert. Oberfläche verrieben, kleinere Verletzungen. Restaurierung 2001: gereinigt.
Beschreibung: Die Statuette mit Basis zeigt eine weibliche Gestalt auf einem Thron mit verzierten Beinen und Querstreben, dessen Sitzbank zwar breit, aber nicht sehr tief ist. Die Figur hat einen massigen Körper. Sie setzt ihren linken Fuß vor, ihr rechter Unterschenkel kippt nach außen. Sie trägt einen hoch gegürteten Ärmelchiton und einen Mantel, der über ihre linke Schulter und den Rücken läuft, die Beine fast bis zu den Knöcheln verhüllt und über den linken Unterarm herabfällt. Die rechte Schulter ist gesenkt und weist etwas nach vorne. Der rechte Unterarm war vorgestreckt, im linken Arm hält die Gestalt ein Füllhorn. Die breiten, weichen Gewandfalten sind im Bereich des Oberkörpers nur wenig artikuliert, zwischen den Unterschenkeln bilden sich im Manteltuch zwar tiefe, aber flaue Zugfalten. Die unproportionierten, grob ausgeführten Ergänzungen stören den Gesamteindruck der handwerklich bescheidenen Arbeit.
Das Füllhorn als Attribut ermöglicht eine Identifizierung der Figur als Abbild der Göttin Fortuna. Der rechte Unterarm ist falsch ergänzt. Sein erhaltener Rest belegt, dass seine Innenfläche ursprünglich nach oben zeigte. Wie bei der typologisch vergleichbaren Fortunastatuette Kat. 2.22, hielt die Göttin in ihrer vorgestreckten rechten Hand wohl eine flache Schale (Patera). Bei beiden Statuetten handelt es sich um eine römische Adaption, der ein Entwurf hellenistischer Zeit zugrunde liegt (Koch 1994). Er wird in römischer Zeit als bildhauerisches Konzept zur Darstellung verschiedener weiblicher Gottheiten eingesetzt, die sich durch mütterliche Züge bzw. Fruchtbarkeitsaspekte auszeichnen. Zu ihnen zählen Kybele, Fortuna, Ceres und die Bona Dea (Kaschnitz-Weinberg 1937, Sojc 1997).
Derartige Statuetten dienten als Weihgaben. Das vorliegende Beispiel stellt ein Massenprodukt dar, das in seiner handwerklichen Ausführung noch bescheidener ist als das Exemplar Kat. 2.22. Es muß jedoch nicht unbedingt in einer provinziellen Werkstatt entstanden sein, da auch aus Rom selbst vergleichbare, weniger qualitätvolle Marmorstatuetten bekannt sind (Kaschnitz-Weinberg 1937, Nr. 114. 116). Genauere Angaben zur Herkunft der Kasseler Statuette liegen nicht vor. Die Gestaltung der Gewandfalten lässt eine Datierung des Stücks in das 2. Jh. n. Chr. möglich erscheinen.
Publiziert:
Bieber 1915, Nr. 46.
Literatur: L. Koch, Weibliche Sitzstatuen der Klassik und des Hellenismus und ihre kaiserzeitliche Rezeption (1994) 70 f. 116; Vgl.: G. Kaschnitz-Weinberg, Sculture del Magazzino del Museo Vaticano (1937) Nr. 114 ff.; W. Binsfeld – K. Goethert-Polaschek – L. Schwinden, Katalog der römischen Steindenkmäler des Rheinischen Landesmuseums Trier (1988) Nr. 70. 74 ff.; J. Chamay – J. L. Maier, Art Romain (1989) 45 Nr. 57. – Zur Datierung: A. Greifenhagen, RM 52, 1937, 272. 242 Nr. 1. 4 Abb. 2. 3. 6; R. Neudecker – M. G. Granino Cecere, Antike Skulpturen und Inschriften im Institutum Archaeologicum Germanicum (1997) Nr. 13 (N. Sojc). – Zum verwandten provinzialrömischen Matronentypus: H. Möbius, Studia Varia (1967) 140 ff. Taf. 34.
(NZE)
|