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Diadoumenos, Umbildung Bild1

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Diadoumenos, Umbildung
Statuentorso, unterlebensgroß
Inv.-Nr. Sk 11

Römische Umbildung, um 130–140 n. Chr. nach griechischem Vorbild um 420 v. Chr. Typus Diadoumenos von Polykleitos

Weißer, fein- bis mittelkristalliner Marmor mit vertikalen teils ausgewaschenen Sedimentstreifen

H 94 cm
Distanz Brustwarzen 20,7 cm
Distanz l. Brustwarze bis Penisansatz 37,5 cm
r. Brustwarze bis Penisansatz 32,5 cm
Distanz l. Brustwarze bis Bauchnabel 23,2 cm
r. Brustwarze bis Bauchnabel 18,7 cm
Bauchnabel bis Penisansatz 14,5 cm
Taillenumfang 72 cm


Fundort: angeblich »in den Ruinen des Forum Archémorium in Rom gefunden, wo jetzt Palazzo Gentili steht; zusammen mit einer vollständig gleichen Figur, deren Arme mit Faustkämpferriemen erhalten waren und nach der sie ergänzt worden wäre« (Bieber 1915), falls nicht eine Verwechslung bei Visconti 1815/1838 vorliegt.

Zugang: Erworben 1777 von Th. Jenkins durch Landgraf Friedrich II. in Rom.


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Erhaltungszustand/Restaurierung: Unergänzt. Oberfläche: Abplatzungen, Kerben, Auswaschungen. Bruch durch die Taille. Verloren: Kopf mit Hals bis auf Halsansatz vorn, beide Schultern, Penis und r. Hode, beide Unterschenkel mit restlicher Statuenstütze, Plinthe. Vor 1777 Oberfläche geputzt, Schnitte und Abarbeitungen für Ergänzungen und Montage mit Kopf Kat. 1.12, auf Veranlassung von Jenkins durch B. Cavaceppi zum Faustkämpfer ergänzt, Ausnehmung oben in der Stütze für Verklammerung mit der Ergänzung. Restaurierung 1912/13: (Bieber 1915). Ergänzungen von B. Cavaceppi entfernt. Restaurierung 1973/75: Brüche und Anstückungen gelöst; Eisen- und Messingdübel, Bleireste entfernt; gereinigt, zusammengesetzt, Fugen und Dübellöcher mit Gips geschlossen; mit Standdübel gesockelt.

Beschreibung: Der Torso eines jungen Mannes steht in Schrittstellung mit linkem Spielbein und rechtem Standbein, an dessen Oberschenkel in ganzer Länge hinten das Oberteil der Statuenstütze ansetzt. Beide Arme waren erhoben, die linke Schulter höher mit zur Seite gestrecktem Oberarm nach Achselansatz und linker Brust. Der Kopf war nach rechts gewandt und leicht vorgebeugt. Der Körperbau und die Haltung der Figur folgen der Struktur chiastischer Ponderation: linkes entlastetes Spielbein, bis zur Taille abgesenkter Unterkörper, darüber gestreckter gegenbewegter Oberkörper mit angespannter erhobener Schulter auf der linken Körperhälfte – auf der rechten Körperhälfte belastetes Standbein, bis zur Taille emporgestemmte Hüft-Becken-Partie, darüber gestauchter und zur rechten Seite einknickender Oberkörper mit abgesenkter Schulter und niedriger gehaltenem Oberarm. Weitere wechselseitige Richtungen und räumliche Bewegungen von Kopf zu Spielbein und der divergierenden Armhaltungen gehören ebenso zur polykletischen Figurenkomposition und stehen typologisch dem Diadoumenos besonders nahe (s. Kat. 1.9).

Bereits die frühe Forschung hat erkannt, dass dieser Torso seine nächste Parallele in einem damals auch von Cavaceppi zu einem Faustkämpfer ergänzten, maßgleichen Torso Genf (ehemals Lansdowne) mit gleichartiger Statuenstütze hat (Furtwängler 1893; Bieber 1915; zuletzt Kreikenbom 1990). Nach Kreikenboms grundlegender Replikenrezension und sorgfältiger Analyse der Typen handelt es sich bei dem Torso Genf um eine späthadrianische, zeittypisch verjüngte Variante des Diadoumenos von schlankerem Wuchs, reduzierter Binnengliederung und geschmeidigerer Formgebung unter Beibehaltung der kontrapostischen Bewegung. In der bildhauerischen Ausführung mit flachem Inkarnat, sparsamer akademischer Modellierung und Verschlankung der Proportionen unterscheiden sich beide Torsen nur graduell und gehören beide der spathadrianisch-frühantoninischen Zeit an.

Der Torso Kassel schwächt im Vergleich mit dem Genfer Exemplar den kontrapostischen Figurenaufbau weiter ab durch eine verschleifende Gliederung des geschichteten bewegten Körperbaus und eine steifere Aufrichtung des Rumpfes. So entstehen durch vereinfachte Ausrichtung der Figur auf die Mittelachse Unstimmigkeiten im Körperbau nach den Maßstäben polykletischer Figurenkonzeption und lassen sich bis in die anatomischen Details nachweisen: »Das exakt rechtwinklig auf die Mittelachse bezogene Schamhaar sitzt unorganisch zwischen den ponderierten Hüften« (Kreikenbom 1990 Kat 71). Ferner weicht er von dem Genfer Exemplar ab durch stärkere Zurücknahme athletischer Formen, die in Verbindung mit einer schmächtigeren Brustpartie, einem verkleinerten Geschlecht und hochgezogenen, gelängten Leistenlinie zu einer weiteren Verjüngung des Dargestellten führen. Diese Abwandlungen berechtigen dazu, ihn als Umbildung des Diadoumenos zu klassifizieren, ohne dass wir entscheiden können, ob er das Figurenmotiv nur in verjüngter Version wiedergibt oder von einer motivisch veränderten Figur stammt.

Publiziert:
Furtwängler 1893, 446 f. Abb. 69, s. hier Abb. 10.5; M. Bieber, AM 34, 1909, 374 f.; Bieber 1914, 19 ff. Abb. 10–11; Bieber 1915, Nr. 7 Taf. 10; Kreikenbom 1990, 197 Nr. V 34 Taf. 301–303, Umbildung; AK Frankfurt 1990, 558-559 Kat. 72 Abb. Umbildung (D. Kreikenbom). – Im Museum Fridericianum 1777–1912: Tiedemann 1780, 10 f. Faustkämpfer mit Schlagriemen. – Im Musée Napoléon 1807–1815: Savoy 2003b,17 f. Nr. 17 a Torso. b Kopf, Boxer, Abb. Zustand seit 1974; Martinez 2004, 40 Nr. 0035 Abb.


Literatur: Zur Variante Torso Genf (ehemals Lansdowne): AK Frankfurt 1990, Kat. 71 Abb. (D. Kreikenbom). – Zum Diadoumenos und Polykleitos/Diadoumenos: s. Kat. 1.9.

(PG)

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