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Junger Mann mit Blattkranz Bild4

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Junger Mann mit Blattkranz
Kopf, lebensgroß. Von einer Statue oder Herme
Inv.-Nr. Sk 125

1. Jh. v. bis 1. Jh. n. Chr.

Weißgrauer, mittel- bis großkristalliner Marmor, porös. Rostflecken

H des Kopfes 22 cm
Distanz äußere Augenwinkel 9 cm
B an Schläfen 12 cm
Kinn bis Haaransatz 16 cm



Zugang: 1973 nachträglich inventarisiert


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Erhaltungszustand/Restaurierung: Unergänzt. Oberfläche ringsum stark korrodiert und bestoßen, Abplatzungen. Im Halsansatz auf Kinnhöhe gebrochen, Risse, Sprünge. Verloren: Angestückte Nase, r. Ohrmuschel. Im 2. Weltkrieg brandgeschädigt (grau verfärbt, porös, Sprünge und Risse). Restaurierung 1985/86: gereinigt, gefestigt, Standdübel montiert.

Beschreibung: Der stark beschädigte Kopf gehört einem jungen Mann mit weichen Gesichtszügen und dichter kurzlockiger Frisur mit Blattkranz. Stirn und Schläfen werden von plastisch modellierten Sichellocken etwa rechteckig gerahmt. Die Augen sind in ein gewölbtes Orbital unter gerundeten Brauen eingebettet und weit geöffnet. Das Untergesicht bildet ein rundlich fülliges Oval. Die Mundwinkel sind minimal herabgezogen. Flache Locken fallen vor den Ohren auf die Wangen herab. Ebenso flache Sichellocken bedecken die Kalotte. Der Blattkranz ist weitgehend zerstört. Die Reste können von Wein, Efeu oder Lorbeer stammen; leider sind keine Früchte (Weintrauben, Korymben) zu erkennen. Ein amorphes Teil des Kranzes im Nacken könnte von einem Knoten herrühren. Auch die Bindung des Kranzes aus umwickelten (?) Zweigen oder einer Tänie ist nicht mehr ersichtlich. Durch den schrägen Bruch von dem Genick zum Kinnansatz hat sich vom Hals nichts erhalten, sodass eine Bestimmung der Wendung oder Neigung des Kopfes und seiner Zugehörigkeit zu einer Statue oder Herme nicht mehr möglich ist.

Angesichts des fragmentarischen Zustandes sind nur einige Vermutungen zum Motiv und Stil des Kopfes anzustellen. Wegen der Frisur aus kurzen Sichellocken unter dem Blattkranz kann es sich bei diesem Kopf nicht um eine Wiederholung des Dionysos/Bacchus Typus Madrid-Varese handeln, der in Anlehnung an den Figurentypus Apollon Lykeios (s. hier Kat. 1.21) den rechten Arm auf den langlockigen, bekränzten, Stirnband geschmückten Kopf mit Schulterlocken legt und seit späthellenistischer Zeit vielfältig und außerordentlich variabel bis in die mittlere Kaiserzeit dargestellt wird (Schröder 2004). Kurzlockiges aber fülliges Stirnhaar zwischen Hornansätzen zeigt der jugendliche Dionysos Typus Tauros (Vorster 1993). Im Vergleich ist aber festzustellen, dass die Kopfrepliken dieses Dionysos das einen Jungstier kennzeichnende Stirnhaar sowie in der übrigen Frisur längere und voluminösere Lockensträhnen an den Schläfen und im Nacken sowie ein anderes Kalottenhaar tragen. Der auch motivisch und typologisch andersartige Dionysos Tauros kommt als Vorbild für den Kasseler Kopf, von dem Repliken oder nahestehende Wiederholungen bisher nicht bekannt sind, nicht in Betracht.

Die kurze Sichellockenfrisur und die annähernd rechteckig gerahmte Stirn sind von Athletenfiguren Typ Läufer Konservatorenpalast, vom jugendlichen Hermes Richelieu und vom Jüngling von Eretria geläufig. Diese späthellenistischen Figuren des ausgehenden 2. und des frühen 1. Jhs. v. Chr. gehen auf unterschiedliche statuarische Vorbilder des 4. Jhs. v. Chr. zurück, weisen aber in der Haartracht und Haarwiedergabe deutlich Gemeinsamkeiten mit dem Kasseler Kopf auf. In der weichen Modellierung mit Betonung der Orbitale und in der Augenöffnung scheint er dem Hermes Richelieu stilistisch so nahezustehen, dass für ihn trotz schlechten Erhaltungszustandes eine Datierung in diese späthellenistische Periode vorgeschlagen werden kann. Der zu kugeliger Form neigende Kopftypus mit kurzem Haar und den relativ dicht beieinander liegenden, vom Orbital nahezu verschatteten Augen und leicht herabgezogenen Mundwinkeln ist von skopasischen Werken des 4. Jhs. v. Chr. entlehnt, die für eklektische Neuschöpfungen seit dem 1. Jh. v. Chr. neben den Adaptionen polykletischer und praxitelischer Figurenelemente verwendet werden (Leibundgut 1990). Nicht wenige Neubildungen werden zusätzlich mit Kränzen aus Lorbeer, Wein oder Efeu geschmückt. Die Bekränzungen entziehen sich im Einzelfall einer eindeutigen ikonographischen Interpretation, tragen aber dazu bei, den eklektischen Idealfiguren in Gestalt von Göttern, Heroen, Knabensiegern, Leuchterträgern u. a. einen festlichen bis kultischen Charakter zu verleihen. Dieser fragmentierte Kopf könnte in Statuen- oder Hermenform diesen jugendlichen bekränzten Idealskulpturen – konzipiert unter Verwendung motivischer und stilistischer Elemente von klassischen und hellenistischen Vorbildern im späthellenistisch-frührömischen Kunstgeschmack – zuzurechnen sein.

Publiziert:
Unpubliziert.


Literatur: Zu Dionysos Typus Madrid-Varese: zuletzt Schröder, 2004 Kat. 145 Abb. – Zu Dionysos Typus Tauros: Vorster 1993, Nr. 24 Abb. 114–117. 120. – Zu Dionysostypen allgemein: E. Pochmarski, Das Bild des Dionysos in der Rundplastik (1974); LIMC V (1986) s. v. Dionysos (C. Gasparri); H.-U. Cain, Dionysos. Ausstellungskatalog München (1997); A. Linfert, Antike Skulpturen Chatsworth. Monumenta Artis Romanae 25 (1997) Nr. 20 Dionysoskopf mit Efeukranz. – Zu verwandten Sichellockenfrisuren: AK Frankfurt 1990, 274 Abb. 149 a. b Kopf des Läufers Typ Konservatorenpalast (A. Linfert); 304 Abb. 183 Kopf des Hermes Typ Richelieu (C. Maderna-Lauter); 316 Abb. 193 Kopf des Jünglings von Eretria (C. Maderna-Lauter). – Zu den Adaptionen mit skopasischen Köpfen: AK Frankfurt 1990, bes. 417 f., 667-669 Kat. 208. 210 (A. Leibundgut). – Zu jugendlichen bekränzten Konzeptfiguren in polykletischem Stil: Zanker 1974, Nr. 21 Dionysos; Nr. 26 San Ildefonso-Gruppe. Schröder, 2004 Kat. 181; Kat. 30 Varianten ›Knabensieger›; Nr. 31 Leuchterträger Volubilis.

(PG)

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