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Weiblicher Kopf Bild1

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Weiblicher Kopf
Von einer Statue, unterlebensgroß
Inv.-Nr. Sk 91

Römische Kopie, flavisch ca. 80–90 oder späthadrianisch 130–140 n. Chr. nach einem Vorbild um 150 v. Chr. in Anlehnung an ›praxitelische‹ Köpfe des 4. Jh. v. Chr.

Weißer, feinkristalliner Marmor mit gelbbräunlichen Flecken

H insgesamt 23,5 cm
H Kinn- Stirnscheitel 14 cm
B Schläfen 10,5 cm
B äußere Augenwinkel 8 cm



Zugang: Erworben 1777 durch Landgraf Friedrich II. in Italien.


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Erhaltungszustand/Restaurierung: Unergänzt. Oberfläche stark verwaschen, verrieben und bestoßen (besonders Frisur, Augen, Lippen, Kinn). Verloren: Mitte und l. Seite des Oberkopfes, Nase weitgehend. Vor 1777 Oberfläche geputzt, Schnitte und Abarbeitungen (Oberkopf, an l. Halsflanke, r. Stirnlöckchen, Ende des Lockenstranges im Nacken) für Ergänzungen in Marmor und Gips, Montage mit Torso Kat. 1.17; Hals und Stirn überarbeitet; Bruchflächen an Nase, Lippen, Kinn, Haarschopf aufgeraut für Gipsergänzungen. Restaurierung 1912/13: (Bieber 1915). Im 2. Weltkrieg brandgeschädigt. Restaurierung 1973/75: Defekte Marmor- und Gipsergänzungen entfernt oder gefestigt, Standdübel montiert.


Beschreibung: Der Kopf einer jugendlichen Frau ist leicht zur linken Seite geneigt und gewendet. Sie trägt eine Frisur mit Mittelscheitel, Krobylos und Nackenzopf. In leicht gewellten Strähnen ist das Haar vom Gesicht zu den Seiten gekämmt. In dicken ausladenden und gedrehten Lockensträngen, die auch die Ohren weitgehend verdecken, ist es an den Schläfen nach hinten und im Nacken nach oben gelegt und am Hinterkopf zu einer kräftigen Schlaufe hoch gebunden. Darunter hängt ein Lockenstrang am Nacken herab. Die Lockenstränge und der geschnürte Krobylos werden von einem straff gezogenen Haarband gehalten, das nur oberhalb der Stirnhaare erscheint und seitlich wie hinten in den Haaren verschwindet. Vom asymmetrisch zur linken Seite verschobenen Mittelscheitel fallen zwei feine Haarlocken zangenförmig (r. Zange abgearbeitet) in die hohe dreieckige Stirn. Ebensolche Locken hängen vor und hinter dem rechten Ohr. Das schmale ovale Gesicht mit weit auseinanderstehenden mandelförmigen, träumerisch blickenden Augen, der fein modellierten Wangen-Mund-Partie, dem kleinen zierlichen Mund und kurzen Kinn bildet einen reizvollen Gegensatz zur feinwelligen und voluminösen Frisur. Obwohl die stark korrodierte und überarbeitete Oberfläche eine stilistische Bewertung der römischen Kopie sichtlich erschwert, lassen die weiche Modellierung der unteren Gesichtshälfte und die Haarwiedergabe in ziselierender Meißelarbeit und durch die von Bohrrillen sowie Punktbohrungen getrennten Lockenstränge an eine flavische oder späthadrianische Entstehung des Kopfes denken. Eine »harte und stark überarbeitete Replik des Kopfes in Rom« (Bieber 1915, 21) konnte bisher nicht identifiziert werden. Die Asymmetrien deuten daraufhin, die Hauptansicht des Kopfes etwa im rechten Dreiviertelprofil zu suchen.

Das griechische Vorbild hat Bieber wegen der Frisur und der Gesichtsform im spätklassischen Kunstkreis vermutet und mit den ›praxitelischen‹ Göttinnen Artemis Typ Gabii und Aphrodite Typ Arles sowie dem kolossalen Kopf Wör-litz verglichen. Unser Kopf unterscheidet sich aber in der komplexen Haaranordnung und in der Haarbildung von den spätklassischen Vorbildern. Die fein gewellten, vom Mittelscheitel gekämmten Stirnhaare und die seitlichen, dicken gedrehten Lockenstränge sind an späthellenistischen Frauenköpfen zu beobachten (z. B. Aphrodite Berlin 31272). Diese Haarbildung zeigt auch die Artemis im Ostfries des Pergamonaltares, die zudem wie unser Kopf den von einer Tänie hochgebundenen Krobylos, die Nackenlocke und die zangenförmigen Stirnlöckchen trägt. In klassizistisch egalisierter Form begegnet diese Frisur gegen Ende des 2. Jhs. v. Chr. auch an der Aphrodite von Melos (ohne Stirnlöckchen). Die differenzierte Haarwiedergabe und die weichen plastischen Formen sowie die Gesichtsbildung und die Haartracht datieren das Vorbild unseres Kopfes etwa in die Zeit des Pergamonaltares um die Mitte des 2. Jh. v. Chr. Der Kopftypus könnte von einer Muse, einer Aphrodite oder aufgrund des besonders mädchenhaften Charakters von einer Artemis stammen. Insofern war die Montage des Kopfes mit dem Torso der Artemis Typ Dresden im 18. Jh. [Kat. 1.17] zwar unzutreffend hinsichtlich des Figurentypus, belegt aber die einfühlsame restauratorische Kombination nach damaligen Wissenstand von Teilen artverwandter Kopien nach spätklassischen und späthellenistischen Figuren.

Publiziert:
Bieber 1915, Nr. 22 Taf. 23, ›praxitelischer‹ Umkreis. – Im Museum Fridericianum 1777–1912 und im Musée Napoléon 1807–1815: s. Kat. 1.17.


Literatur: Kopfreplik Rom (ex Museo Kircheriano) angeblich Mus. Naz.: Bieber 1915, Nr. 22 Taf. 23; Helbig IV, 4. Auflage (1972) 449 Nr. 1632 Inv. 65168 (?) »nicht aufgenommen«; in Giuliano 1979–1995, nicht aufgefunden. – Zu flavischen bzw. späthadrianischen Frauenporträts: V. Poulsen, Les Portraits Romains. Ny Carlsberg Glyptotek Kopenhagen II (1974) Nr. 25 Flavierin im Pudicitia-Typus. 45 Sabina. 86 Faustina Minor als Aphrodite. – Zur antoninischen Aphrodite (?) Typus Capitolina s. hier Kat. 2.4. – Zu praxitelischen Aphroditen: Bieber a. O.; s. hier Kat. 1.19; Kolossalkopf Wörlitz Aphrodite? BrBr 508. E. Paul, Wörlitzer Antiken (1965) 23 Nr. 12 Abb. 10. – Zur Aphrodite Berlin 31272: Lullies 1979, Taf. 288. Antike Welt auf der Berliner Museumsinsel (1990) 71 Farbabb. – Zur Artemis am Ostfries des Pergamonaltars in Berlin: Lullies 1979, Taf. 267. L. Alscher, Griechische Plastik III (1957) Abb. 23 b Kopf von vorn. – Zur zangenförmigen Stirnlocke des klassizistischen Bronzekopfes aus Satala London Brit. Mus. 266.: Lullies 1979, Taf. 304; G. Kaminski in: Hellenistische Gruppen 1999, 100 Anm. 53–54 Taf. 25, 3. – Zur Aphrodite von Melos: Lullies 1979, Taf. 284. 285; A. Pasquier – J.-L. Martinez, 100 chefs-d’œuvre de la sculpture grecque au Louvre (Paris 2007) 162-165 Abb. (A. Pasquier).

(PG)

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