Antike Steinskulpturen> >> Idealplastik - römisch >> Satyr/Silvanus




Satyr/Silvanus Bild3

Bildübersicht zur BildübersichtlupeDetailansicht

Satyr/Silvanus
Oberkörper-Torso einer Statuette
Inv.-Nr. Sk 36

Kaiserzeit

Weißer, feinkristalliner Marmor

H des Torsos 13 cm



Zugang: Alter Bestand


<<_zurück     15/24   weiter_>>


Erhaltungszustand/Restaurierung: Unergänzt. Oberkörper bis Brustkorbrand. Ringsum bestoßen. Verloren: Kopf mit Hals, r. Arm ab Oberarmmitte, l. Unterarm mit Ellenbogen, restliche Figur ab Taille. Vermutlich im 18. Jh. Oberfläche geputzt, Schnitte und Abarbeitungen für Ergänzungen und Montage mit Kopf. Restaurierung 1912/13: (Bieber 1915). Im 2. Weltkrieg beschädigt. Kopf seit 1953 verschollen. Restaurierung 1985/86: Torso gereinigt.

Beschreibung: Der bis zum Brustkorbrand erhaltene, jugendliche Oberkörper mit Ziegenfell ist zur linken Seite geneigt. Der Kopf könnte zur linken Seite gewendet gewesen sein. Beide Oberarme sind gesenkt und waren ab der Mitte frei vom Körper gehalten. Der linke Oberarm und die Schulter sind vom Fell bedeckt, das auf der rechten Schulter geknotet ist. Aus dem Heraklesknoten hängt je eine Klaue neben dem Fellrand vorn und hinten herab. Das schmale Fell mit verdoppelten Randfalten verbreitert sich auf der Brustmitte. Den Rücken bedeckt es flächig mit wenigen Falten bis hinunter zur linken Taille. Die rechte Körperflanke und ein Teil des Rückens bleiben frei. Der linke Unterarm war aus dem Fell nach vorn zur Brustmitte geführt, wo ein amorpher Blockrest für die Hand ansteht, die den Fellsaum zu einem Fruchtschurz mit heraushängender Traube (?) oder ein Attribut (Tierkopf?) hielt.

Das statuarische Motiv jugendlicher Satyrn mit schärpenartiger Fellbekleidung ist seit spätklassischer Zeit beliebt. Der knabenhafte Satyr mit auf rechter Schulter geknotetem Fell und gesenkten Oberarmen begegnet zuerst in dem frühhellenistischen Typus Satyr mit Querflöte, der sich beim Flötenspiel mit der linken Brustflanke an einen Baumstamm lehnt. Er trägt ein Pantherfell mit besonderer Verknotung auf der rechten Schulter; von der linken Schulter ist das Fell ein Stück weit herabgerutscht. Unser Miniaturtorso unterscheidet sich in der Neigung des Oberkörpers nach links von dem Querflötenbläser mit seiner Rechtsneigung. Ferner weicht der Torso durch das Ziegenfell und die Art der Bekleidung der Brust-Schulter-Partie deutlich vom Querflötenbläser ab; in dem unteren Teil und Faltenverlauf vorn und hinten ähnelt das Ziegenfell jedoch dem Pantherfell des Querflötenbläsers. Ein auf der rechten Schulter geknotetes Ziegenfell, die linke Schulter aber entblößend ähnlich wie der Querflötenbläser, trägt auch der tänzelnde Satyr mit Fruchtschurz. Dieser späthellenistische Satyr in gestelzter Körperwendung nach links schwingt mit emporgerecktem rechten Arm ein Pedum über seinem Kopf und scheucht mit lachender Gebärde einen jungen Panther zurück, der neben ihm nach Weintrauben in dem Fruchtschurz schnappt. Das Haltungsmotiv der Statue und Details der Felltracht stimmen nicht mit unserem Torso, auch nicht im Sinne einer miniaturisierten Wiederholung überein.

Eine verwandte Felltracht und eine mehr oder minder vorhandene Tendenz zur Seitenneigung zeigen hingegen der Statuettentorso aus Troia IX und weitere römische jugendliche Silvanusfiguren. Daher kann unser Torso mangels Repliken als eine der zahlreichen, eigenständigen Satyr- oder Silvanusstatuetten gelten, die für den bukolisch dekorativen Ausstattungsluxus der römischen Kaiserzeit in Anlehnung an hellenistische Satyrtypen hergestellt wurden. Seine Benennung Satyr oder Silvanus scheint durch das Fell und Haltungsmotiv mit vermutlichem Fruchtschurz wahrscheinlich, auch wenn Kopf und Attribute sowie die Rückenpartie (Schwänzchen?) verloren sind. Der rudimentäre Erhaltungszustand gestattet keine genauere zeitliche Bestimmung.

Publiziert:
Bieber 1915, Nr. 36.


Literatur: Zum Typus Satyr mit Querflöte: W. Klein, Praxiteles (1898) 212 ff.; H. Riemann, Kerameikos II (1940) Nr. 160 Replikenliste; H. J. Allendorf, Frühhellenistische Satyrn (Diss. München 1943, unpubliziert) Replikenliste; Lippold 1950, 252 Anm. 3; Bieber 1961, 38 Abb. 86; Slg. Wallmoden 1979, 39 f. Nr. 10 (H. Döhl); Villa Albani 1989, 94 f. Nr. 21 Taf. 34–35 (P. C. Bol); Villa Albani 1990, 42 ff. Nr. 160 Taf. 12 (R. M. Schneider); A. Zimmermann, Kopienkritische Untersuchungen zum Satyr mit der Querflöte und verwandten Satyrstatuen (Diss. Bern 1994) grundlegend, Kopienkritik, Replikenliste (Kenntnis der Diss. wird Dietrich Willers verdankt); H. C. von Mosch, AA 1995, 745 ff. Abb. 1–4 Replik Aizanoi; J. Meischner, JdI 118, 2003, 285 ff. Replik Antiochia/Antakya 9037. – Zum Typus Tänzelnder Satyr mit Fruchtschurz und Panther, Pedum schwingend: EA 3559/60 Replikenliste (P. Arndt – G. Lippold); Lippold 1950, 330 Anm. 10; Bieber 1961, 139 Abb. 568. – Zu Silvanus mit Fruchtschurz: Mansuelli 1958, Nr. 162 Abb. Torso; Troia. Ausstellungskatalog (Moskau 1983, russ.) Nr. 302 Abb. 13 Statuettentorso aus Troia IX; Villa Albani 1990, 316 ff. Anm. 5, Nr. 237 Taf. 213–215 (R. M. Schneider) Satyr mit Fruchtschurz und Panther; Sotheby’s New York Auktion 14.12.1993 Kat. 73 Abb. Statuettentorso; LIMC VII (1994) 763 ff. s. v. Silvanus (A. Kossatz-Deissmann).

(PG)

Satyr/Silvanus  Bild1Satyr/Silvanus  Bild2Satyr/Silvanus  Bild3Satyr/Silvanus  Bild4

Wählen Sie ein Bild für eine größere Ansicht

[Bibliographie] [Zitierweise] [Konkordanz] [Glossar] [Datenschutzhinweis] [Impressum]